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Die Stadtbahn fährt auch durchs Finanzloch
geschrieben von Jan Borchers 
NVB schrieb:
-------------------------------------------------------
> Dazu muss man sich ein klein wenig mit der
> ÖPNV-Materie beschäftigen. Vereinfacht kann man
> sagen, dass ein Verkehrsmittel mit etwa zwei
> Dritteln Sitzplatzbelegung kostenneutral fährt,
> ein Durchschnittswert, der in Hamburg auf Grund
> der sehr hohen Kosteneffizienz sogar noch darunter
> liegt. Die neuralgischen Punkte in der
> Wirtschaftlichkeit sind andere: Der Abendverkehr
> und der Berufsverkehr. Der Abendverkehr, weil die
> Fahrgastbelegung der Verkehrsmittel auf Grund
> geringer Fahrgastzahlen nicht kostendeckend sein
> kann und die Berufsverkehrszeit, die zusätzliche
> teure Verkehrsmittel benötigt, die dann den Rest
> des Tages herumstehen. Das betrifft aber nie die
> gesamten Linienlängen, sondern überwiegend nur die
> Innenstadt- oder Knotenpunkts-nahen Bereiche.
>
> Eine schnelle Stadtbahn spart also gleich
> zweifach: Man braucht erstens weniger Busse als
> bisher und zweitens holt man mit einem attraktiven
> peripheren Verkehrsmittel die Fahrgäste, welche
> die Innenstadt nur aus Bequemlichkeit durchqueren,
> aus der Schnellbahn und entlastet genau jene
> Bereiche, die auf Grund hoher Auslastung verstärkt
> werden mussten und damit im Betrieb
> überproportional teuer geworden sind. So gibt es
> beispielsweise mit rund 18.000 Fahrgästen sehr
> hohe Verkehrsströme auf der Relation Farmsen <>
> Kellinghusenstraße. Man könnte die unbequeme aber
> kürzeste Umsteigeverbindung mit dem Bus nehmen
> oder man könnte die schnellere Verbindung mit der
> U2 "oben herum" mit zweimal Umsteigen nehmen. Und
> was nehmen die Fahrgäste? Genau, die durchgehende
> Verbindung quer durch die City mit den
> beschriebenen Negativfolgen für das
> Verkehrsunternehmen. Die Fahrgäste können
> sitzenbleiben und selbst die mit über zehn Minuten
> längere Fahrtdauer wird offenkundig klaglos in
> Kauf genommen. Wenn aber die Stadtbahn genauso
> bequem wie die U-Bahn mit etwa 15 Minuten weniger
> Fahrzeit auskommt, dann wird sich das
> Fahrverhalten gravierend ändern ...

Das was Sie beschreiben werter NVB mag zwar in den Fakten richtig liegen - aber in den rein subjektiv von Ihnen ausschließlich gezogenen Resümees, mit der Stadtbahn als einzig probanes Mittel, falsch! Von daher liegen wir eigentlich gar nicht so weit voneinander entfernt.
Nur mit dem feinen Unterschied eben, das eine U-Bahn günstiger und rationaler wie objektiver als eine Stadtbahn bleibt - wenn es eine Schnellbahn schon gibt. Nämlich aufgrund der unkalkulierbaren Folgekosten eines reinen Stadtbahnsystems.

Und damit noch einen schönen Tag! (trotz ihrer nicht mehr kommentierbaren zahlreichen Verbalentgleisungen!)

KT
-Stuttgart21? = Kosten, Krach und nur Krawall!




2 mal bearbeitet. Zuletzt am 23.10.2010 13:56 von Karl-Theodor.
Statt 50 Kilometer Straßenbahn etwa 10 Kilometer U-Bahn (mal optimistisch gerechnet), das wären doch die Alternativen, wenn man nicht alles so läßt, wie es ist. Und die 40 km, wo eben die neue U-Bahn nicht fährt, weiterhin Busse ? Also Privilegierung von wenigen mal wieder.

Ich kann mir in Hamburg zwar einige Streckern vorstellen, wo U-Bahnen (im Gegensatz zur U4) nicht sinnlos sind - aber keine, wo sie unbedingt notwendig wäre. Wo denn, K.T. - sollten diese 10 km U-Bahn gebaut werden - und warum gerade da ?

Freundliche Grüße
Horst Buchholz - histor
Re: KT's Märchenstunde
23.10.2010 17:32
Karl-Theodor schrieb:
-------------------------------------------------
> aufgrund der unkalkulierbaren
> Folgekosten eines reinen Stadtbahnsystems.
>
Welche Folgekosten genau?
Karl-Theodor schrieb:

> Nur mit dem feinen Unterschied eben, das eine
> U-Bahn günstiger und rationaler wie objektiver als
> eine Stadtbahn bleibt - wenn es eine Schnellbahn
> schon gibt. Nämlich aufgrund der unkalkulierbaren
> Folgekosten eines reinen Stadtbahnsystems.

Unkalkulierbaren Folgekosten? Das musst Du mal näher erläutern, inbesondere am Beispiel von Städten, die das System bereits haben.

Hamburg ist mit seinem U-Bahnsystem in eine Sackgasse geraten, außer nach Wilhelmsburg ist ein U-Bahnneubau nicht mehr beahlbar, da eine vollkommen neue Linie mit folgend notwendiger Infrastruktur für Werkstätten etc. erforderlich wird, die maximal an Umsteigehaltestellen das bestehende Netz tangiert. Anstückeln wie lange Jahrzehnte gemacht geht nicht mehr, Ausnahme Glinde.

Dafür haben wir aber in Hamburg zu gravierende Baustellen, die ÖPNV-technisch ausgebaut werden mussen, man sich aber viele Jahre nicht rangetraut hat, weil es eben kein Stückeln mehr ist.

Gruß

Jan

--
Das Fototagebuch der Bahnfotokiste: [fototagebuch.bahnfotokiste.de]
Karl-Theodor schrieb:
> Womit, wenn der erste
> Abschnitt gebaut sein soll und die erste Stadtbahn
> fährt, zwangsläufig und unwiederrückbar der Rest
> folgen muß. Man schafft also Fakten und auch
> Lasten für alle kommenden Generationen. Ob das von
> Vernunft und Weitsichtigkeit geprägt sein soll,
> erschließt sich in keinster verständlicher Art und
> Weise. Ganz im Gegenteil. Hinzu kommen noch die
> Kosten für Fuhrpark, Verknüpfungspunkte,
> Stadtverschönerung, Strassen und alles weitere was
> damit in Zusammenhang der "Projekt-Notwendigkeit"
> gebracht werden könnte/wird.

In jedes andere INfrastrukturprojekt muss genauso viel investiert werden. Und letztlich, jeder Anfang ist schwer.

Gruß

Jan

--
Das Fototagebuch der Bahnfotokiste: [fototagebuch.bahnfotokiste.de]
Karl-Theodor schrieb:

> Das ist ein fataler Irrtum, die Betriebskosten
> steigen hier nämlich sukzessive zum
> Fahrgastaufkommen. Sprich mehr zu befördernde
> Fahrgäste auch höhere Fahrpreise, siehe aktuelle
> Fahrpreiserhöhungen, wobei diese auch noch anderen
> Punkten mitgeschuldet ist

Mit steigenden Fahrgastzahlen steigen die Betriebskosten nur sehr beschärnkt an. Viel wichtiger ist, dass die Infratrukturkosten, welche ja grad diskutiert werden, damit erheblich weniger je Fahrzeugkilometer ins Gewicht fallen.

Du schreibst gerade, eine erfolgreiche Stadtbahn würde nur unwirtschaftlicher werden, weil sie erfolgreich ist?

Ne, KT - Du verrennst Dich zunehmend.

Gruß

Jan

--
Das Fototagebuch der Bahnfotokiste: [fototagebuch.bahnfotokiste.de]
"Mit steigenden Fahrgastzahlen steigen die Betriebskosten nur sehr beschränkt an."

Doch diese steigenden Fahrgastzahlen bringen mit den zusätzlichen Fahrgästen die Fahrgelder in voller Höhe, so dass die Schere zwischen Betriebsaufwand und Fahrgeldeinnahmen im Verkehrsunternehmen immer kleiner wird: Man kann auch sagen, dessen Wirtschaftlichkeit steigt ...
Jan Borchers schrieb:
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> Unkalkulierbaren Folgekosten? Das musst Du mal
> näher erläutern, inbesondere am Beispiel von
> Städten, die das System bereits haben.

Hallo Jan,

wenn du dir nur mal die vergleichbaren Städte zu Hamburg in ihrer Agglomaration, wie bspw. Berlin, München oder auch Stuttgart (als reines Stadtbahnsystem) betrachtest, dann wirst du feststellen, das jeder Ausbau der Strassenbahn/Stadtbahn immer eines als Folge nach sich zog, der folgende/spätere Ausbau von Strassen/Tunneln und Autobahnen, um den zu verdrängenden Verkehr wieder in größerer Räumlichkeit, bewerkstelligen zu können.
Denn die Fahrbahntrassenkapazität, welche durch den Bau eines schienengebundenen Verkehrsmittels, also der Strasse zu kreuzend /brechend verlaufend, nimmt dem Verkehr der vorher den Platz beanspruchte, diesen Platz weg und dem brechenden Verkehr Zeitphasen der Schneidung.
Konkret bedeutet es - wenn die Stadtbahn auf oder zwischen der Strasse verläuft, müssen, wenn die Stadtbahn eben es nicht von Haus aus tut, Ober oder Unterlaüfe für den brechenden Verkehr und /oder für den verdrängten Verkehr eine Entlastungsstrecke, errichtet werden. (siehe u.a. Stadtbahn-Agglomarationen in NRW)

Und das sind eben u.a. "unkalkulierbare Folgekosten", die der Stadtbahn durchaus, aber zumindest in der zu verdrängenden Kapazität zugeschrieben werden können.
Nimmt man diese Kosten nun zur Berechnung der Stadtbahn hinzu, und geht nicht von einer anzunehmenden Verminderung des beifließenden Verkehrs ausschließlich aus, dann ergibt sich ein weitaus anderes und für mich eben realeres Bild. Insbesondere auch Kosten-Nutzen bezogen.

Ich hoffe dem kann nun stattgeben werden.

KT
-Stuttgart21? = Kosten, Krach und nur Krawall!
Jan Borchers schrieb:
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> Mit steigenden Fahrgastzahlen steigen die
> Betriebskosten nur sehr beschärnkt an. Viel
> wichtiger ist, dass die Infratrukturkosten, welche
> ja grad diskutiert werden, damit erheblich weniger
> je Fahrzeugkilometer ins Gewicht fallen.

Und das sieht bei zu ersetzenden Strassen für die gleiche Wegbeschreitung wieder anders aus. Es wäre so als würde man die zu fällenden Bäume nicht ersetzen wollen, weil es schon genügend gibt.

> Du schreibst gerade, eine erfolgreiche Stadtbahn
> würde nur unwirtschaftlicher werden, weil sie
> erfolgreich ist?

Für sich allein genommen und ausschließlich betrachtet stimmt das nicht, aber wenn man die Folgekosten sie es nach sich zieht hinzuaddiert (so wie es bspw. gerne nach Bedarf teilweise aber nur dann Volkswirtschaftlich argumentiert wird) und nur ins richtige abgewogenene (tatsächliche) Verhältnis setzt, sieht es anders aus! (siehe bitte auch den Beitrag zuvor!)

Man versperrt sich zwar dem (aus Beweggründen wie in Stuttgart 21 bspw. , warum bewusst Assoziationen offen legen), aber im Endeffekt läuft es über kurz oder lang darauf hinaus.

>Ne, KT - Du verrennst Dich zunehmend.

Ich habe deshalb das nur so ausgedrückt, auch wenn es vllt. dem einen oder anderen verrückt und alles andere als plausibel zu erscheinen mag. Von Irreführungen oder gar sachlicher Verfremdung oder Falschdarstellungen halte ich nichts von, doch eher mehr etwas von der feinsinnigen und defilzileren Betrachtung.
(wie man nun hoffentlich sieht)

KT
-Stuttgart21? = Kosten, Krach und nur Krawall!
Karl-Theodor schrieb:

> Und das sind eben u.a. "unkalkulierbare
> Folgekosten", die der Stadtbahn durchaus, aber
> zumindest in der zu verdrängenden Kapazität
> zugeschrieben werden können.

Du kennst den Spruch "Ausbau zieht Verkehr nach sich"? Gilt vornehmlich für Autoverkehr. Baust Du eine Straße aus, kommt mehr Verkehr auf die Straße und Du musst weiter ausbauen.

Gilt überall. Soll die Menschheit deswegen in eine Schockstarre fallen?

Gruß

Jan

--
Das Fototagebuch der Bahnfotokiste: [fototagebuch.bahnfotokiste.de]
Jan Borchers schrieb:
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> In jedes andere INfrastrukturprojekt muss genauso
> viel investiert werden. Und letztlich, jeder
> Anfang ist schwer.

Das stimmt leider nur bedingt.
Die Stadtbahn erfordert mehr Investitionen in ihrer Vielzahl und Umfassenheit, wie eine vergleichbare U-Bahn. In Hamburg zumindest. Da wo die Stadtbahn schon existent oder nur ausschließlich ist, sieht es natürlich wieder etwas anders aus.

Der Punkt ist wohl einfach die Verständnistiefe in Sache und Differenzierung dessen - leider.

KT
-Stuttgart21? = Kosten, Krach und nur Krawall!
Jan Borchers schrieb:
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> In jedes andere INfrastrukturprojekt muss genauso
> viel investiert werden. Und letztlich, jeder
> Anfang ist schwer.

Genau. Auch der Ring ist aus dem nichts entstanden, ohne ein zuvor existierendes Bestandsnetz. Aus diesem Ring wurde ja Strecken ausgefädelt und es entwickelte sich nach und nach ein über 100 km langes Netz.

Für mich gibt es nur Argumente für die Straßenbahn. Heutzutage eine U-Bahn zu bauen ist einfach viel zu teuer und die Straßenbahn hat zudem den Vorteil, dass man keine elend lange und tiefe Baugruben graben muss oder sündhaft teure Schildvortriebsmaschinen beschaffen muss. Bei der Straßenbahn ist es, sehr vereinfacht gesagt, Schienen und Weichen verlegen, Oberleitungen und evtl. weitere Signalanlagen installieren, Haltestellenmast aufstellen und Unterhäuschen bauen, fertig.

Übrigens, ich weiß nicht, ob KT das weiß, aber ich möchte zudem erwähnen, dass rechtlich die U-Bahn eine Straßenbahn ist. Die U-Bahn ist kein Sonderding, nur anders als eine Straßenbahn teilt sie sich nicht ihre Strecke mit dem MIV und Bussen, und das kann eine U-Bahn auch so sündhaft teuer machen, weil man dafür Tunnel, Viadukte bauen muss, Einschnitte machen oder einen Bahndamm schütten muss, dazu auch ein Bahnhofsgebäude sowie Aufzüge, Rolltreppen, Absperrungen, etc. bauen.

Wenn wir der Stadtbahn eine Chance geben, wird sie sicherlich soweit expandieren, dass wir über die vorgeschlagenen 40 km hinaus kommen.

Grüße,

Richie

"Auftrag ausgeführt. Dieser Zug ist garantiert schwarzfahrerfrei!" - Amboss, der Kontrolator



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 23.10.2010 19:49 von Ringbahn.
Karl-Theodor schrieb:

> Das stimmt leider nur bedingt.
> Die Stadtbahn erfordert mehr Investitionen in
> ihrer Vielzahl und Umfassenheit, wie eine
> vergleichbare U-Bahn. In Hamburg zumindest. Da wo
> die Stadtbahn schon existent oder nur
> ausschließlich ist, sieht es natürlich wieder
> etwas anders aus.

Es muss bei Ausbau egal welcher Variante umfassend in Infrasdtruktur investiert werden, ein neuer Busbetriebshof hängt direkt mit dem Stadtbahnausbau zusammen (Mesterkamp), U-Bahnausbau einer neuen Linie erfordert auch eine neue Werkstatt.

Die Chance ist da, hier den ersten Schritt zu gehen.

> Der Punkt ist wohl einfach die Verständnistiefe in
> Sache und Differenzierung dessen - leider.

Welches Verständnis? Du stehst mit Deinem Verständnis ziemlich alleine da. Du wirst mit Deinen Argumenten aber niemanden finden, der sich auf Deine Seite stellt. Du versuchst Du Deine Ansichten mit allem Nachdruck und ohne belegbare Fakten zu untermauern.

Gruß

Jan

--
Das Fototagebuch der Bahnfotokiste: [fototagebuch.bahnfotokiste.de]
Jan Borchers schrieb:
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> Du kennst den Spruch "Ausbau zieht Verkehr nach
> sich"? Gilt vornehmlich für Autoverkehr. Baust Du
> eine Straße aus, kommt mehr Verkehr auf die Straße
> und Du musst weiter ausbauen.

Ja , der sagt mir was. Und eben deshalb ist u.a. die Stadtbahn nicht optimal.
Auch wenn es andere gerne verkennen wollen und entsprechend subjektiv suggerieren.

> Gilt überall. Soll die Menschheit deswegen in eine
> Schockstarre fallen?

Ich muß dem aber nicht noch nachsetzen und eine Stadtbahn errichten - um den jetzigen Verkehr vor meiner Haustüre durch eben diese Stadtbahn an andere Stelle zu verdrängen.
Damit ist niemanden schlussendlich wirklich geholfen.
Und warum dem nicht etwas entgegensetzen was diesen Weg nicht beschleunigt, sondern vielmehr ins Gegenteil verkehrt.
U-Bahn wird gebaut -> Strassenkapazität bleibt erhalten -> kein zusätzlicher bzw. beschleunigter Strassenkapazitätsausbau zwingend notwendig.

eine plausiblere Logik gibt es m.W. nicht.

KT
-Stuttgart21? = Kosten, Krach und nur Krawall!
Karl-Theodor schrieb:

> U-Bahn wird gebaut -> Strassenkapazität bleibt
> erhalten -> kein zusätzlicher bzw. beschleunigter
> Strassenkapazitätsausbau zwingend notwendig.
>
> eine plausiblere Logik gibt es m.W. nicht.

U-Bahnbau ist nicht mehr finanzierbar -> es gibt u.a. auch eine gesetzliche Verpflichtung, den Schuldenstaat zu beenden. Er ist nicht mehr finanzierbar.

Du kannst ihn aber nach Belieben weiter fordern. Die 1950er und 1960er Jahre des ungehemmten U-Bahnversenkens kommen nicht wieder.

Gruß

Jan

--
Das Fototagebuch der Bahnfotokiste: [fototagebuch.bahnfotokiste.de]
NVB
Re: KT's Märchenstunde
23.10.2010 20:23
"Denn die Fahrbahntrassenkapazität, welche durch den Bau eines schienengebundenen Verkehrsmittels, also der Strasse zu kreuzend /brechend verlaufend, nimmt dem Verkehr der vorher den Platz beanspruchte, diesen Platz weg und dem brechenden Verkehr Zeitphasen der Schneidung."

Das sind krude Vorstellungen, die schon der damalige Vorstand der Essener Verkehrs AG, Dr. Erich Thiemer am 23. Oktober 1958 widerlegt hat: "Wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir nicht Fahrzeuge durch die Straßen schleusen müssen, sondern Menschen." Das war vor über einem halben Jahrhundert. Dann hat man zwar noch versucht, Hannover als autogerechte Stadt umzubauen, doch wir alle wissen inzwischen, dass die (Schnaps)-Idee gründlich schiefgegangen ist.

Aber viel schlimmer in diesen KT-Märchenstunden ist die nachhaltige Ignorierung der aktuellen Fakten. Die heutigen Lichtsignalanlagen in der Grindelachse haben eine Durchlassfähigkeit von 74 Prozent. Das heißt genau, dass die maximal möglichen Durchlassströme zu 74 Prozent über die Kreuzungen fließen und 26 Prozent dafür verloren gehen, die Fahrzeuge abzubremsen, Sicherheitszeiträume bereit zu stellen und dadurch, dass eine Autoschlange nicht schlagartig als Pulk sondern nur nach und nach anfährt. Moderne Lichtsignalanlagen mit Messwertgebern, die hocheffektive Verkehrsrechner füttern, schaffen samt der neuen Straßenbahn etwas über 90 Prozent Durchlassfähigkeit. Das heißt im Klartext, dass sich auf der Grindeltrasse die Straßenbahn eben nicht mit den Autos den Verkehrsraum und die Lichtsignalfenster teilen muss, sondern dass trotz Straßenbahn die "Grünfenster" der Autos von 74 auf über 90 Prozent steigen.

Also KT, insofern sind alle weiteren diesbezüglichen Schlussfolgerungen für den Eimer, einfach nur noch lächerlich ...


"Ich hoffe, dem kann nun stattgeben werden."

Hier kann überhaupt nichts stattgegeben werden, wer Müll produziert, wird Sturm ernten. Noch etwas zu Stuttgart, mit den Hochbahnsteigen hat man ja die Kostennachteile der U-Bahn mit den verkehrsräumlichen Nachteilen der Straßenbahn perfekt verbunden, würde ich eher nicht als Vorteil preisen, schauen wir besser nach Karlsruhe! Von denen kann man lernen, wie man den Modal-Split des ÖPNV in schwindelerregende Höhen treibt, auch ohne solche kruden Verkehrsverdrängungs-Theorien.
Karl-Theodor schrieb:

> U-Bahn wird gebaut -> Strassenkapazität bleibt
> erhalten -> kein zusätzlicher bzw. beschleunigter
> Strassenkapazitätsausbau zwingend notwendig.
>
> eine plausiblere Logik gibt es m.W. nicht.

Es steckt darin auch eine wahrhaft "aristokratische" Haltung:
Damit der Individualverkehr genügend Platz hat, soll der Plebs im ÖPNV unter die Erde verbannt werden.
Re: Tram versus Bus
23.10.2010 21:05
NVB schrieb:
-------------------------------------------------------
>
> Genau das tut sie nicht, weil eine Beschleunigung
> von 1,2 m/s2 als moderat empfunden wird und jeder
> normale Mensch diese Beschleunigung freistehend
> aushält. Der Hintergrund dieser Betrachtung ist
> ein ganz anderer: Die notwendige phsysikalische
> Kraft, um von 0 auf 10 km/h zu kommen, ist um ein
> Vielfaches geringer, als von 50 auf 60 km/h. Ein
> besser motorisierter Bus schafft letzteres
> vielleicht mit 0,20 bis 0,30 m/s2, eine
> Elektrische Bahn hält aber bis hier weiter locker
> die 1,2 m/s2. Am Anfang von 0 bis 10 km/h schafft
> so ziemlich jedes Diesel-Fahrzeug um die 2 m/s2,
> weil eben der physikalische Kraftaufwand dafür
> nicht hoch ist.
>
> Für den (stehenden) Fahrgast ist die
> kontinuierliche Beschleunigung wichtig, also von 0
> bis 60 km/h durchgehend 1,2 m/s2. Das heißt, die
> Straßenbahn fährt mit sanfter Kraftentwicklung an
> - jede gute Bahn ist hier zur Schonung der
> Fahrgäste abgeregelt - und braucht erst zum
> Schluss des Beschleunigungszyklus die volle
> Motorleistung. Das kann ein Verbrennungsmotor
> nicht leisten, deshalb beschleunigt ein Kfz
> äußerst unterschiedlich, im unteren
> Geschwindigkeitsbereich kann man sogar die Reifen
> zum Durchdrehen bringen und im oberen geht ihm
> "die Puste aus".
>
> In der Fahrgastpraxis sieht das dann so aus, dass
> die Fahrgäste beim Losfahren "hinsegeln", wenn sie
> sich nicht festhalten und beim Schalten von einem
> Gang zum nächsten wird noch zwangsläufig die
> Beschleunigung unterbrochen und der Fahrgast wird
> schon wieder - diesmal in der Gegenrichtung -
> horizontal belastet. Mit zunehmender
> Geschwindigkeit wird das zwar immer weniger, aber
> eben auf Kosten der Fahrzeit, weil der Bus immer
> lahmer wird. Das macht in der Fahrgastempfindung
> den Bus und jedes andere Fahrzeug mit
> Verbrennungsmotor unattraktiv und verursacht (zu)
> lange Fahrzeiten. Bei der Hamburger "Nuckelpinne"
> alias XXL-Bus sorgt die Physik für ein weiteres
> Problem: Da der Bus auf Grund seiner hohen Masse
> untermotorisiert ist, kann er keinen Fahrplan
> einhalten und ist regelmäßig fünf Minuten später
> in Burgwedel als sein eingelenkiger Kollege.
>
> Die Straßenbahn dagegen wäre 15 bis 20 Minuten
> eher da und die Fahrgäste hätten das Gefühl, dass
> die Bahn gemütlich gefahren ist und der Bus trotz
> wesentlich längerer Fahrzeit wie eine "gesengte
> Sau" ... Deshalb steigen übrigens kaum Autofahrer
> in den Bus um, aber sehr viele in die Straßenbahn,
> wenn sie denn mal fährt, man spricht dann vom
> "Schienenbonus".

Ich bin in der letzten Woche mal mit einem O-Bus gefahren und da habe ich mich an diesen Beitrag bezüglich der Beschleunigung von Bus und Straßenbahn erinnert. Logischerweise vereinigt ein O-Bus die Vorteile beider Systeme, oder? Zum einem die höhere Flexibilität (kann Behinderungen bedingt umfahren) und niedrigere Kosten beim Bau, da nicht Gleisgebunden. Wie verhält es sich beim O-Bus aber mit der Beschleunigung? Kann er mit der Straßenbahn mithalten? Würde die Umstellung der 5 auf O-Bus Betrieb Sinn machen?

Grüße
Re: KT's Märchenstunde
23.10.2010 21:29
Günter Wolter schrieb:
> Es steckt darin auch eine wahrhaft
> "aristokratische" Haltung:
> Damit der Individualverkehr genügend Platz hat,
> soll der Plebs im ÖPNV unter die Erde verbannt
> werden.

Genau dieses Gegenargument, das Günter Wolter hier anführt, kann man nur bekräftigen. Warum muss der sich umweltfreundliche Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel im Tunnel unter der Straße wie ein Maulwurf bewegen, während die elfengleichen Wesen in ihren Kfz oben sich den Verkehrsraum unter den Nagel reißen.

Freundliche Grüße
Horst Buchholz - histor
NVB
Re: Tram versus Bus
23.10.2010 21:36
"Logischerweise vereinigt ein O-Bus die Vorteile beider Systeme, oder? Zum einem die höhere Flexibilität (kann Behinderungen bedingt umfahren) und niedrigere Kosten beim Bau, da nicht Gleisgebunden. Wie verhält es sich beim O-Bus aber mit der Beschleunigung? Kann er mit der Straßenbahn mithalten?"

Da die Haftreibung des Obus auf der Straße - Gummi auf Beton oder Asphalt - erheblich höher ist als die Haftreibung von Stahl auf Stahl, könnte der Obus sogar noch schneller als die Straßenbahn beschleunigen. Wenn er denn keine stehenden Fahrgäste hätte, die oberhalb von 1,4 m/s2 Mühe hätten, nicht umzufallen. Während die hohe Haftreibung bei der Beschleunigung deshalb eher nicht so viel nützt, ist diese bei großen Steigungen natürlich ein Riesenvorteil. Es gibt in Zürich eine Obus-Linie vom Hbf auf ziemlich steilen Straßen auf einen Berg. Im ersten Teilstück fährt er gemeinsam mit der Straßenbahn, die hier insbesondere bei schwierigen Wetterverhältnissen sehr behutsam anfahren muss, um das Schleudern der Räder zu verhindern. Der Obus geht dann immer noch ab "wie eine Rakete".

Es stimmt zumindest in der Therorie, der Obus vereint eigentlich die Vorteile beider Systeme. Doch in der Praxis nur äußerst selten, weil von den drei herausragenden Vorteilen der Straßenbahn mit der hohen Beschleunigung und der herausragenden Energieeffizienz der Obus nur so gut fahren kann, wie die Straße das zulässt. Und selbst eine noch so gut gebaute Straße kann mit der Qualität von geschliffenen Schienen einfach nicht mithalten.

Und bei aller Begeisterung für den Obus - die ich teile - bleibt der Obus von seiner Gefäßgröße ein Bus. Deshalb wäre zwar ein elektrischer XXL Bus wesentlich besser als die heutigen Nuckelpinnen auf der M5, doch das Grundproblem der zu vielen Fahrgäste kann er auch nicht lösen. Ich habe mal eine Obus-Studie zur M6 verfasst, hier sind die Fahrgastzahlen nicht so exorbitant hoch und auf den teilweise sehr beschränkten Straßen wie beispielsweise im Hofweg hätte der Obus tatsächlich Vorteile. Doch solange kein Stromversorger für den Obus "Strom ab Fahrdraht" anbietet, wird es für das Verkehrsunternehmen schwer, ein weiteres System zu installieren, obgleich die Stromversorgung des Obus - abgesehen vom Fahrdraht - mit der der Straßenbahn identisch ist.
Dieses Thema wurde beendet.