HHNights schrieb:
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> Im übrigen schreib ich mich ohne Bindestrich,
> lieber MatThias :-P
Sorry, übersehen, war keine Absicht. Ich will Dein Nachtleben nicht beeinträchtigen ;-)
>
> > Ausgangssituation:
> > Im Hamburger ÖPNV gibt es zwei grundsätzliche
> > Probleme:
> > - Es gibt eine Reihe von Stadtteilen, die
> bisher
> > keinen Anschluß an das Schienennetz haben,
> sondern
> > nur eine Busanbindung. Dazu gehören z.B.
> > Steilshoop, Bramfeld, Lurup und Osdorfer Born.
> > Allen diesen Stadtteilen wurde vor 40 Jahren
> schon
> > versprochen, ihnen eine Schienenanbindung zu
> > bauen.
> Z.T. als Ersatz für weggefallene
> > Straßenbahnlinien (Lurup, Bramfeld), z.T. als
> > Versprechen beim Bau des Viertels (Steilshoop,
> > Osdorfer Born). Im Zuge der Stadtentwicklung
> ist
> > es dringend geboten, die versprochene
> > Schienenanbindung zu realisieren
>
> Nun, das ist z.B. Augenwischerei.
> Ihnen wurde nicht einfach nur ein Schienenanschluß
> versprochen, sondern eine Schnellbahnanbindung.
Sicherlich, ihnen wurde keine Stadtbahn versprochen, denn die sollte ja gerade weg. Was nun die genaue Wortwahl war - keine Ahnung, dafür müßte man ins Archiv abtauchen. Wir können uns aber sicher darauf einigen, daß eine Schienenanbindung immer besser ist als keine - egal ob Schnellbahn oder Stadtbahn.
>
> So schön eine Straßenbahn in Hamburg auch wäre
> (und auch schon mal war), Steilshoop liegt zu weit
> außerhalb, als daß man da eine Straßenbahn
> entlangschleichen lassen kann.
Entlangschleichen ist das nicht wirklich... Eine U-Bahn von Bramfeld nach Kellinghusenstraße - wenn es denn eine Umsteigefreie Verbindung gäbe, wäre ungefähr 18 Minuten unterwegs. Die Stadtbahn braucht für die Strecke 22 Minuten, bedient dabei mehr Haltestellen, und ist für die Fahrgäste schneller erreichbar, weil keine Treppen zu steigen sind. In der Gesamtbetrachtung ist man mit der Stadtbahn über Kellinghusenstraße wahrscheinlich schneller am Jungfernstieg als mit der direkten U-Bahn-Anbindung. Sogar nach Altona könnte die Zeit konkurrenzfähig sein, weil man da entweder mit der S-Bahn den großen Bogen fahren muß, oder Zeit beim Umsteigen in Sternschanze vertändelt. Alles in allem ist man mit der Stadtbahn höchstens im Bereich weniger Minuten langsamer als mit der "Schnellbahn".
Natürlich verliert die Stadtbahn jeden Vergleich auf echten Langstrecken, also z.B. aus Norderstedt oder Poppenbüttel in die Stadt, aber Steilshoop und Bramfeld sind durchaus Zentral genug, um durch die langsamere Geschwindigkeit keinen echten Nachteil zu haben. Den Fahrgast interessiert ja nicht die reine Fahrzeit, sondern die Gesamtzeit von Tür zu Tür. Was bringt mir eine schnelle Bahn, die mich aber noch 20 Minuten von der Station nach Hause laufen läßt?
>
> Irgendjemand führte noch das Beispiel Bremen an:
> klar fährt da die Straßenbahn und das klappt auch
> gut, aber wehe, es ist mal ein Fußballspiel...
> dann fährt da nichts mehr auf der Linie 3. Und
> auch die Linien 2 und 10 werden zumindest
> teilweise in Mitleidenschaft gezogen.
> Und für all diejenigen, die jetzt sagen, so etwas
> sei ein außergewöhnliches Ereignis und von daher
> zähle es nicht:
> In Bremen hat man mittlerweile eine
> (Behelfs-)S-Bahn-Linie eingeführt, damit auch
> lange Strecken endlich mal vernünftig bedient
> werden können.
> Und was will die GAL? Bremer Verhältnisse in
> Steilshoop und Bramfeld...
Unsinn. Blanker Unsinn. Wann, bitte schön, ist denn mal ein Fußballspiel in Steilshoop? Und betrieblich wird es ja wohl möglich sein, den Bahnbetrieb in Steilshoop und Bramfeld aufrechtzuerhalten, wenn am anderen Ende der Stadt ein Fußballspiel stattfindet. Zumal der Hauptträger der Last nach wie vor die S-Bahn sein wird - wer aus dem Umland kommt und Hauptbahnhof in eine Regionalbahn steigen will, wird nicht die Stadtbahn nehmen. Auch Besucher aus Richtung Bergedorf bleiben natürlich bei der S21.
Vorteile haben die Besucher aus den westlichen Stadtteilen, die bisher nur eine Verbindung über Altona hatten, und diejenigen, die bisher den M22 nutzen (oder hätten nutzen können, aber wegen Überfüllung nicht nutzten).
Die Bremer S-Bahn ist ja mehr Regional- denn Stadtverkehr.
>
> >
> > - Die Fahrgastzahlen im HVV haben in den
> letzten
> > Jahren deutliche Zuwächse gehabt, und alle
> > Prognosen gehen von weiteren Steigerungen aus.
> > Schon jetzt ist aber das Busnetz an einigen
> > Stellen an seiner Leistungsgrenze angelangt,
> bei
> > weiteren Fahrgastzuwächsen besteht die Gefahr,
> daß
> > Fahrgäste stehengelassen werden müssen, eine
> > Mitfahrt nicht mehr garantiert werden kann -
> eine
> > Situation, die jetzt schon vereinzelt beim
> > Metrobus 5 auftritt.
>
> Nächstes Argument gegen eine Stadtbahn (hab ich
> auch schon öfter erwähnt):
> Die U2 Richtung Niendorf hat pro Tag 35.000
> Fahrgäste, der 5er-Metrobus 60.000. Bei einer
> Umwandlung in eine Schienenstrecke würde sich das
> Fahrgastaufkommen wahrscheinlich um mindestens 50%
> erhöhen, also auf mindestens 90.000.
> Hier wäre eine U-Bahn geeigneter.
Auch wenn die U-Bahn geeigneter wäre, so ist diese Linie teurer als das komplette Zielnetz. Und da sie nur einen der Punkte löst, brauchen wir die Stadtbahn als Lösung für die übrigen immer noch. Aber die Strecke nach Niendorf dürfte dank vorhandener Busspur die billigste aller Strecken werden, d.h. wir verpulvern hier 1 Milliarde Euro für eine U-Bahn, um 100 Millionen für die Stadtbahn zu sparen. Oder wir lassen alle anderen im Regen stehen, weil wir nur die 5 in eine U-Bahn umgewandelt haben - das bringt uns auch nicht voran.
Insellösungen gibt es in dieser Stadt genug, hier bietet sich aber die Möglichkeit, in einem bezahlbarem Rahmen eine integrierte Lösung für ein ganzes Bündel von Problemen zu finden. U-Bahn-Bau wird nicht billiger werden, aber es "droht" jederzeit, daß auch andere als die jetzt im Zielnetz aufgeführten Strecken einen Zuwachs bekommen, der mit dem Bus nicht mehr wirtschaftlich bewältigbar ist. Ist das System Stadtbahn erstmal da, kann jederzeit zu vergleichsweise niedrigen Kosten und in relativ kurzer Zeit eine Erweiterung stattfinden. Auch auf Strecken außerhalb der 5, wo eine U-Bahn deutlich überdimensioniert ist. Solche Geschichten wie die Walddörfer-Anbindung sind heute schlicht nicht mehr finanzierbar.
>
> >
> > Lösungsmöglichkeiten:
> > - Wir tun gar nichts. Die auf den ersten Blick
> > billigste und auf jeden Fall schlechteste
> > Möglichkeit.
>
> Da geb ich Dir - wie wohl so ziemlich jeder andere
> übrigens auch - recht.
damit bist Du deutlich weiter als der "Durchschnittsgegner" :-)
>
> >
> > - Wir bauen das Bussystem aus.
>
> Halte ich ebenso wie Du für nicht wirklich
> intelligent.
>
> >
> > - Ausbau der U-Bahn
>
> Wie auch schon mehrfach gesagt, das Geld für die
> U-Bahn war noch nie da - und trotzdem wurden die
> Strecken gebaut.
Das stimmt nicht. Als die U-Bahn geplant und gebaut wurde, wurde im Nahverkehr Geld verdient. Ohne Zuschüsse. Dies änderte sich erst mit der zunehmenden Motorisierung, als immer mehr Leute aufs Auto umstiegen.
> Gerade wenn man davon ausgeht, daß das
> Fahrgastaufkommen weiter steigen wird, wäre ein
> vernünftig ausgebautes Schnellbahnsystem wichtiger
> als die Einführung der Stadtbahn.
Eben nicht. Der Ausbau der Schnellbahn ist punktuell, extrem langwierig, extrem teuer, und viel unflexibler. Außerhalb der noch freigehaltenen Strecken quasi unmöglich, außer man bohrt wie bei der U4 in 40m Tiefe.
Die Stadtbahn ist viel schneller geplant und gebaut, kostet viel weniger, und bringt den meisten Leuten den gleichen Nutzen. Vielen sogar mehr (kürzere Fußwege, Barrierefreiheit), manchen weniger.
> Wobei ich ja noch nicht mal was gegen eine
> Straßenbahn habe, aber dann bitte als Ergänzung
> zum und nicht als Ersatz für (das unvollständige)
> Schnellbahn-Netz.
Die Stadtbahn ist kein Ersatz. Sie ist Ergänzung, wie es auch vernünftig ist. Die U-Bahn und die Stadtbahn sind keine Antagonisten.
>
> Und ja, ich weiß auch, daß es in Hamburg echt eine
> Katastrophe mit dem Ausbau des schienengebundenen
> ÖPNV ist und man für jeden Meter Schiene
> eigentlich schon fast ein Faß aufmachen müßte.
> Trotzdem finde ich die momentane Idee der
> Stadtbahn ungünstig, um es mal nett auszudrücken.
>
Seit der Durchbindung der U2 hat Hamburg keine U-Bahn-Strecke im inneren Bereich der Stadt mehr gebaut. Alle jammern über das Geld, warum also sollte es sich jetzt auf einmal ändern? Nur, damit keine Stadtbahn gebaut wird?
> >
> > - Bau einer Stadtbahn
> > Das, was übrigbleibt.
>
> Aber eben nicht so, wie es jetzt geplant ist.
Warum nicht?
>
> Die
> > kürzeren Haltestellenabstände machen die Bahn
> > schneller erreichbar und gleichen auf kurzen
> und
> > mittleren Strecken die gegenüber Schnellbahnen
> > geringeren Geschwindigkeiten wieder aus.
>
> Naja, Bramfeld und Steilshoop sind für mich aber
> schon eher "lange" Strecken, zumindest dann, wenn
> man vom Zentrum ausgeht.
Nein, im Vergleich zu Poppenbüttel, Wedel, Norderstedt, Volksdorf, Mümmelmannsberg oder Bergedorf sind sie zentrumsnah. Das sind - für Hamburger Verhältnisse - Kurzstrecken.
>
> Im
> > Gegensatz zur Schnellbahn brauchen sie auch
> kein
> > weiteres Bussystem zur Feinverteilung -
> Beispiel
> > Steilshoop: 1 U-Bahn-Station gegen vier
> > Stadtbahnhaltestellen.
>
> Das könnte man ja entsprechend umplanen. Die
> Gropiusstadt im hiesigen Thread vielzitierten
> Berlin hatte ja schon damals, als sie gebaut
> wurde, vier Haltestellen. Damals wurde dort für
> 30.000 Leute Wohnungen gebaut; ich glaube, ganz so
> viele Menschen leben nicht in Steilshoop, aber man
> wäre sicherlich in der Lage, für Steilshoop zwei
> Haltestellen einzuplanen.
Natürlich kann man Steilshoop auch mit zwei Haltestellen anbinden, aber damit geht auch eine Fahrzeitverlängerung mit einher. Man kann nur eins haben: Schnelle Fahrzeiten, oder kurze Haltestellenabstände. Siehe die Diskussion über die S3.
Baue ich eine weitere Haltestelle, bin ich mit der U-Bahn nicht mehr schneller als mit der Stadtbahn. Aber ich gebe für die gleiche Fahrzeit das vielfache des Geldes aus.
>
>
> > Die geringeren Bauzeiten verringern auch die
> > Belastung für die Anwohner während der Bauzeit
> > deutlich,
>
>
> Klar, kurzfristig gedacht, spricht vieles für die
> Stadtbahn, aber sind langfristige Lösungen nicht
> doch sinnvoller?
Die Stadtbahn IST langfristig, eben wegen ihre schnellen Erweiterbarkeit, ihrer Flexibilität im Vergleich zur U-Bahn, und der Möglichkeit, auch nicht-U-Bahn-würdige Strecken mit einer Schienenverbindung zu "adeln". Und weil man für das gleiche Geld viel mehr Leistung bekommt.
Der ÖPNV in Hamburg gewinnt durch die Stadtbahn einiges an Flexibilität und agilität zurück, die durch die starre Festlegung auf Busse und Schnellbahnen vernichtet wurden.
So, und nicht mehr lange, und es geht ab in die Herbstferien. Die Kinder warten schon, um endlich starten zu können... Ich werde also nicht so schnell wieder antworten, es sei denn, ich habe im Urlaub doch eine Internet-Anbindung :-)