Zitat
T6Jagdpilot
Richtig-und noch am selbigen Tagen verschwanden die Dinger sang und klanglos wieder von der Strecke,
da die auf Zuruf von (damaligen) Verkehrsenator und BVG Chef gekaufte unausgereifte Technik versagte-
man hatte ja den Wagen nicht passend zu der vorhandenen Infrastruktur gekauft....warum auch..
Erst nach für Hersteller, BVG und Land Berlin sauteuren Umbaumaßnahmen in Fahrzeuge und Infrastruktur
wühlte man sich mühsam durch um einigermaßen akzeptable Verhältnisse zu schaffen...
T6JP
Zur Chronologie der damaligen Ereignisse stelle ich mal die damals zu diesem Thema von mir verfassten Texte in
Blickpunkt Straßenbahn [
blickpunktstrab.wordpress.com] zur Verfügung: (Achtung: alte Rechtschreibung!)
Auszug aus Heft 5/94 (erstellt Anfang September):
Niederflurwagen GT6N. Nun aber zu einer wirklich erfreulichen Entwicklung bei der Berliner Straßenbahn: in der 34. Woche begann das Zeitalter der Niederflurwagen auch in Berlin! Es handelt sich um den bereits aus Bremen bekannten AEG-Typ GT6N in 6xER-Ausführung, von denen z.Zt. insgesamt 60 Stück bestellt sind. Der erste GT6N für die BVG, Nr. 1001, wurde am 22.8.94 aus Hennigsdorf in Marzahn angeliefert und bereits in der folgenden Nacht erfolgten in der Landsberger Allee erste Probefahrten. Am 23., 24. und 25.8. folgten jeweils die Wagen 1002, 1003 und 1004. Für Freitag, den 26.8. hatte die BVG zu 10 Uhr in den Btf Marzahn eingeladen. Hier gab es Ansprachen von führenden Mitarbeitern der BVG und dem Verkehrssenator, die alle die Niederflurbahn im Besonderen und die Straßenbahn im Allgemeinen als ein zukunftsträchtiges Verkehrsmittel herausstellten. Allerdings erlaube die derzeitige Finanzsituation nur kleine Schritte auf dem Weg zu einem besseren Straßenbahnsystem. Es wurde die Hoffnung ausgesprochen, daß die neuen Fahrzeuge das Image der Straßenbahn erheblich verbessern werden.
Um 10.30 Uhr wurde Wagen 1001 dann, begleitet von einem stimmungsvollen Feuerwerk, in die Wagenhalle gefahren und damit offiziell vorgestellt. Um 11.30 setzen sich alle 4 Wagen in Nummernfolge in Bewegung und fuhren als Sonderfahrt für geladene Gäste vom Btf. Marzahn über die Linienwege von SL 6 und 20 zur Schleife Eberswalder Str. Nach einer erneuten, kurzen Rede des Verkehrssenators, die von Protesten gegen die Verkehrspolitik des Senats begleitet war, wurden alle vier Wagen in den Liniendienst der SL 20 eingereiht, wo sie bis 18 Uhr für kostenlose Schnupperfahrten verblieben. Auch am 27. und 28.8. waren sie, von 10 bis 16 Uhr, im Einsatz. Damit ist es der BVG gelungen, diese Wagen bereits innerhalb weniger Tage nach der Anlieferung dem rauen Alltagsbetrieb auszusetzen, was sie ohne größere Probleme auch durchstanden. Diese Leistung ist äußerst anerkennenswert! Möglich war dies auf der Personalseite nur durch den Einsatz von Fahrlehrern, die bereits in Frankfurt(Oder) auf Wagen dieser Bauart ausgebildet wurden. Die Niederflurwagen sollen anschließend so bald wie möglich die KT4D auf SL 20 ersetzen.
In einigen Kurven der Zuführungsstrecke wurden vorsorglich totale Begegnungsverbote der GT6N mit allen anderen Fahrzeugen erlassen. Hier können erst ausführliche Tests zeigen, welche davon dauernd bestehen bleiben müssen.
Auszug aus Heft 6/94 (erstellt Anfang November)
Wagenpark - Niederflurwagen: Große Probleme verursachten die Neubaufahrzeuge GT6N. Nach den Fahrten am Vorstellungswochenende 26. - 28.08., wo bereits ab Freitag nachmittag nur noch 3 Wagen einsatzfähig waren, erfolgten zunächst keine Einsätze, da es bereits am besagten Wochenende auf dem Btf. Marzahn und bei den Betriebsfahrten zur SL 20 zu Entgleisungen kam. Untersuchungen der Gleise, u.a. mit Hilfe der Technischen Hochschule Aachen, ergaben daß die Gleisanlagen in Ordnung sind. Indessen wurde vermutet, daß die AEG technische oder konstruktive Änderungen vorgenommen hat, die mit den geforderten Parametern nicht übereinstimmen. Die BVG stand mit der AEG in ständiger Kommunikation um eine Lösung der Probleme zu finden. Bis die Mängel endgültig als behoben anzusehen sind, werden keine weiteren Fahrzeuge mehr abgenommen und die bisherigen auch nicht bezahlt.
Im Oktober war dann der Wagen 1001 wieder bei der AEG in Hennigsdorf. Hier wurden Drehgestelle und Getriebe umgebaut. Nach der Rückkehr erfolgte nächtliche Probefahr-
ten (ab 21.10.) verliefen ohne Beanstandungen, so daß nach dem Umbau der anderen Wagen nun wohl an die Fahrerausbildung und anschließend an einen planmäßigen Betrieb gedacht werden kann.
Auszug aus Heft 1/95 (erstellt Anfang Januar)
Wagenpark - Niederflurwagen: Nach den erfolgreichen Probefahrten des GT6N 1001 mit den umgebauten Drehgestellen wurde das Fahrzeug am 7.11.94 der Presse vorgestellt und absolvierte anschließend seine erste Fahrschulfahrt. Seit dem 14.11.94 wird es auch im Fahrgastverkehr auf SL 20 eingesetzt.
Ab Anfang Dezember kam noch der Wagen 1004 hinzu. Seitdem ist zumeist ein Fahrzeug im Fahrgastverkehr auf der SL 20 eingesetzt wird, während der zweite Wagen Fahrschulfahrten absolviert.
Seit den Entgleisungen im August waren das BVG-Gleisnetz und die AEG-Fahrzeuge intensiven Prüfungen unterzogen worden. Man stellte fest, daß, obwohl technisch in Ordnung, das Berliner Gleisnetz einige Besonderheiten aufwies. Bei den Entgleisungsstellen handelt es sich um leichte Kurven, wo niemand vorher Schwierigkeiten voraussehen konnte. Doch bei diesem mittleren Kurvenradius hatten die Antriebsräder bei trockenem, heißen Wetter im August eine besonders gute Haftung, so daß eine extreme Verspannung des Laufwerkes auftrat. Hinzu kamen ein Neigungswechsel, das Ende einer Überhöhung der „äußeren Schiene und eine Gegenkurve nach einer Weiche. Normalerweise treffen nicht alle diese Umstände gleichzeitig zusammen. Ist dies aber der Fall, ist die Auswirkung bei der gewählten Drehgestellkonstruktion ungünstig, weil die vorne laufenden Räder nicht über eine Achse gekuppelt sind, sondern als Losräder einzeln laufen.
Als Ergebnis der Untersuchungen wurden in die Drehgestelle des Wagens 1001 ein von der Getriebefirma Voith entwickeltes Sperrdifferential (Hydrolock-Getriebe) eingebaut. Dieses Differentialgetriebe erlaubt es, ähnlich wie bei Kfz., die in einer Kurve auftretenden Spannungen zwischen innen und außen laufenden Rädern zu reduzieren. Diese Veränderung verteuert das bereits 3,7 Mio. DM teure Fahrzeug um weitere rd. 60 000 DM. Bei den bereits bestellten 60 Fahrzeugen wird diese Mehrkosten die AEG tragen. Mit Beginn der Serienlieferung der Getriebe ab Anfang Januar 95 sollen weitere Fahrzeuge ausgeliefert
werden, bis März 1995 soll der Auslieferungsrückstand abgebaut sein und Ende 1995 sollen alle 60 Wagen bei der BVG sein.
Auszug aus Heft 2/95 (erstellt Anfang März)
Niederflurwagen. Weitere Nf-Wagen wurden, entgegen den Ankündigungen, noch nicht angeliefert. Neben den weitgehend problemlos in Betrieb befindlichen Wagen 1001 und 1004 ist noch abgestellt 1002 in Marzahn vorhanden, während 1003 wieder in Hennigsdorf weilt.
Auszug aus Heft 3/95 (erstellt Anfang Mai)
Wagenpark - Niederflurwagen: Die Ablieferung der GT6N kommt langsam in Gang. So sind bisher 1001, 1004, 1006, 1007, 1021 und 1022 in Berlin vorhanden und auch teilweise im Einsatz. Am 07.04. wurde bei der AEG in Hennigsdorf als höchste Nummer 1038 im Bau beobachtet. Ihr Einsatz erfolgt auf SL 20, wenn diese ausgerüstet ist, werden sie auch auf SL 8E (Langenbeckstr. - Ahrensfelde) fahren.
Beste Grüße
Harald Tschirner