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Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin II (ab 01/21)
geschrieben von B-V 3313 
Die können offenbar weiter mit dem Auto fahren, da die Idee der autofreien Innenstadt vom Tisch scheint.
Zitat
Railroader
@ Logital: vor etwa einem Jahr hatten wir, ua noch mit Schallundrausch, die Diskussion, ob ein Fahrrad für die breite Masse alltagstauglich und geeignet ist, das Auto zu ersetzen. Schlechtes Wetter und lange Wege etc wären nur Vorwände, man könne sich schließlich entsprechend kleiden, würde sich schnell umgewöhnen und ohnehin sind die Wege ja in der Regel nur 5 Kilometer lang. Nun stellt sich aber heraus, dass das Rad an sich offenbar in vielen Fällen nur in Verbindung mit dem ÖPNV als Alternative funktionieren kann und das überrascht mich doch etwas. Ich bin davon ausgegangen, dass gerade die hier überzeugten Radfahrer sich über eine gut ausgebaute sichere Infrastruktur mit Radschnellwegen usw, sofern sie dann irgendwann mal kommt, freuen und sie auch entsprechend nutzen, ohne selbst das Bedürfnis zu haben, ihr Gefährt weiterhin mit einem anderen Transportmittel zu befördern und damit selbst eine Gruppe darstellen, die anderen Verkehrsteilnehmern unnötig Platz wegnimmt und unter Umständen deren Fahrkomfort beeinträchtigt.

Du vermengst da einfach so viele Dinge miteinander, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll, den Blödsinn zu widerlegen. Ich versuche es mal:

1. Ja, 60 % der Wege sind kürzer als 5 km. Mit Schnellbahnen zurückgelegte Wege gehören aber oft zu den anderen 40 %. Hennigsdorf dürfte übrigens für 99 % der Berliner/innen weiter als 5 km entfernt sein.

2. Wer hat denn eigentlich behauptet, dass Radfahrende keinen ÖPNV mehr brauchen? Viel mehr ergänzen die beiden Verkehrsträger sich hervorragend, wie hier im Forum auch schon oft geschrieben wurde (z.B. erinnere ich mich dunkel an einen Dialog zwischen Christian Linow und mir). Offensichtlich sind Nutzende des Umweltverbundes tendenziell eher in der Lage, spontan den zur Situation passenden Verkehrsträger zu wählen; aber gut, das hirnlose "Ich muss irgendwo hin - wo ist mein Autoschlüssel?" scheint die von Dir favorisierte Option.*

3. Wieso sollte das einem Ausbau des Radwegenetzes widersprechen? Natürlich braucht es trotzdem Schnellradwege - die ja auch auf Teilstrecken sinnvoll sind. Nach Deiner Logik sollten wir übrigens sämtliche Autobahnen zwischen Hamburg und Wien abreißen, schließlich gibt's da Autoreisezüge.

PS: Fahrradfahrende und ihre Belange scheinen Dir irgendwie nur wichtig zu sein, um gegen das einzige Verkehrsmittel zu hetzen, das Du noch stärker ablehnst: die Straßenbahn.
____
* Sieh, Strohmann-"Argumentation" kann ich auch!



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 28.09.2021 19:59 von def.
Zitat
Railroader
Die können offenbar weiter mit dem Auto fahren, da die Idee der autofreien Innenstadt vom Tisch scheint.

Wer hat eigentlich hier eine autofreie Innenstadt gefordert? Kannst Du endlich mal mit Deinen - Pardon - beschissenen Strohmann-"Argumenten" aufhören, wenn Dir die Argumente ausgehen? Ansonsten: es wird mal wieder Zeit, dass Du irgendeinen Stuss mit "überheblich" schreibst, dann gewinne ich das Bullshit-Bingo.
Zitat
Railroader
Die können offenbar weiter mit dem Auto fahren, da die Idee der autofreien Innenstadt vom Tisch scheint.

Das ist ja mal wieder nur schwarz weiß Denken
Zitat
Giebelsee
Was ist eigentlich mit dem "geringen" Anteil der etwas Älteren und noch ein wenig bis zur Rente haben, die doch nicht mehr ganz so fit sind und ca. 25 km bis zum Job haben?

Ja, eben, für die ist die Kombination Rad+ÖPNV in vielen Fällen ideal. 2 x 25 km Radfahren pro Tag sind natürlich nicht jedermanns Sache, aber für die Kombination "2 km mit dem Fahrrad zum Bahnhof und dann mit der S-Bahn weiter" muss man nun nicht wirklich überdurchschnittlich fit sein, auch als 50- oder 60-Jähriger nicht. Und die Kombination ist ja auch nicht unbedingt unattraktiv.

Dennoch haben Schnellradwege durch die halbe und ganze Stadt trotzdem Sinn - zum einen für diejenigen, die doch weiter fahren (zwischen 2 und 25 km gibt's ja doch noch ein paar Zwischenstufen), aber auch für Teilstrecken. Gerade deshalb nützen sie aber wenig, wenn sie möglichst weit entfernt von jeglicher Bebauung und Stadtteilzentren geplant werden, um auf gar keinem Fall dem MIV etwas Fläche wegnehmen zu müssen.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 28.09.2021 20:05 von def.
Zitat
Railroader
Zitat
Global Fisch
Wer bestimmt, was Sinne der Sacheist? Fahrradmitnahme bei der Eisenbahn hat es schon immer gegeben; früher gab es tendenziell ohnehin weit mehr Reisende mit Großgepäck als heute.

Hat es schon immer gegeben war aber hier noch nie ein "zulässiges" Argument.

Doch natürlich. Du hast eine ist-Aussage gemacht (bezüglich Fahrradmitnahme) "ist nicht Sinn der Sache" und die kann man mit dem Hinweis, dass es das schon immer gab (seit es Fahrräder gibt) leicht falsifizieren.

Zitat

Wenn man Städte sehr autoarm umbaut, ändert sich ja die Situation insgesamt und ich hätte kein Verständnis dafür, wenn ich dann im Zug keinen Platz mehr bekomme, weil Fahrräder sie blockieren.

Aha. Und wie oft soll so etwas vorkommen? Ich fahre nun sehr oft Zug, sehr oft mit dem Fahrrad. Ich habe einige Male erlebt, dass Leute mit Fahrrädern nicht mitkamen. Aber das Fußgänger wegen der Radfahrer nicht mitkamen, ist extrem selten.

Das "Problem" halte ich für völlig frei herbeiphantasiert.

Und "wenn man Städte sehr autoarm umbaut" wird es garantiert auch mehr Kapazitäten im ÖPNV geben. Das kommt doch nicht von heute auf morgen. Und ja: auf kürzeren Strecken (so unter 10kmj) und einen Großteil der Wege wird das Fahrrad attraktiver sein als heute; insofern sehe ich schon die Tendenz zu weniger Radmitnahme im ÖPNV auf kürzeren Strecken.

Aber generell: die Kombination ÖPNV/Rad (Mitnahme, Abstellen, Leihe) ist eine wichtige Möglichkeit, den ÖPNV auf vielen Relationen attraktiver zu machen.


Zitat
Railroader
Zitat
PassusDuriusculus
Und das ist der Grund warum ich so heftig reagiere und dich in diesem Punkt nicht nachvollziehen kann

Dann frage ich mal ganz direkt : du bist Verfechter des Radfahrens? Du hast ein gutes Gewissen, weil du dadurch auch der Umwelt gut tust. Warum ist es dann nicht möglich, ein mal in der Woche von deinem Wohnort nach Hennigsdorf mit dem Rad zu fahren?

Wie absurd ist das denn? Bizarr ist schon "Du hast ein gutes Gewissen, weil du dadurch auch der Umwelt gut tust." Da steckt die implizite Unterstellung drin, Radfahrer würden sich für was Besseres halten. Ich kann natürlich nicht für PassusDuriusculus sprechen: aber klares Nein: nein, ich tue der Umwelt nicht gut, wenn ich Rad fahre. Ich helfe der Umwelt kein Stück. Ich würde ihr vielleicht deutlich mehr schaden, wenn ich Autofahren würde, aber das ist gar nicht der Punkt.

Allerdings halte ich die Kombination Rad/ÖPNV für ungeheuer effizient hinsichtlich Reichweite und Reisezeiten. Dabei verbrauche ich deutlich weniger Ressourcen, als wenn ich Auto fahren würde. Auch wenn ich mehr Fläche im Zug verbrauche, als wenn ich ohne Rad unterwegs wäre. Dennoch.

Zitat

Fahrrad auf Fernverbindungen mitnehmen okay, aber in der Innenstadt sollte man die Wege auch allein mit dem Rad zurücklegen können.

Die Rede war von Berlin-Hennigsdorf. Das führt größtenteils nicht durch die Innenstadt.
´



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 28.09.2021 19:33 von Global Fisch.
Zitat
Global Fisch
Zitat
Railroader
Wenn man Städte sehr autoarm umbaut, ändert sich ja die Situation insgesamt und ich hätte kein Verständnis dafür, wenn ich dann im Zug keinen Platz mehr bekomme, weil Fahrräder sie blockieren.

Aha. Und wie oft soll so etwas vorkommen? Ich fahre nun sehr oft Zug, sehr oft mit dem Fahrrad. Ich habe einige Male erlebt, dass Leute mit Fahrrädern nicht mitkamen. Aber das Fußgänger wegen der Radfahrer nicht mitkamen, ist extrem selten.

Das "Problem" halte ich für völlig frei herbeiphantasiert.

Ich auch. Es scheint beim Railroader so eine Art kognitiver Verzerrung vorzuliegen (so wie bei jedem anderen auch, ohne Frage). Die 99 % der Fälle, in jemand einfach mit seinem Rad in die Bahn steigt, mitfährt und völlig ohne Probleme am Zielbahnhof wieder aussteigt, fallen nicht auf. Aber ein einziger Problemfall bleibt natürlich hängen.

Zitat
Global Fisch
Aber generell: die Kombination ÖPNV/Rad (Mitnahme, Abstellen, Leihe) ist eine wichtige Möglichkeit, den ÖPNV auf vielen Relationen attraktiver zu machen.

Und nicht nur das, die Kombination aus beiden macht den Umweltverbund als Ganzes attraktiver - es wird schließlich immer kurze oder mittlere Wege geben, die mit dem ÖPNV nur sehr schlecht abbildbar sind, weil sie z.B. quer zu den Hauptverkehrsströmen in den Nachbarstadtteil verlaufen. Gerade auf solchen Strecken ist der ÖPNV systembedingt im Nachteil, weil hier Umwege und Umsteigezeiten die Reisezeit überdurchschnittlich verlängern. Und gerade das sind zugleich die Strecken, die man dann gut mit dem Rad zurücklegen kann.

Und je mehr Wege man ohne Auto sinnvoll zurücklegen kann, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass man sich keins (oder als Familie zumindest kein zweites) kauft.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 28.09.2021 19:51 von def.
@ Global Fisch : Passus verweist selbst häufig auf Umwelt- und Klimaschutz im Bezug auf das Rad als Alternative, zuletzt auch in einem seiner Beiträge. Das ist ja auch okay, daher aber meine Aussage.
Zitat
Railroader
@ Global Fisch : Passus verweist selbst häufig auf Umwelt- und Klimaschutz im Bezug auf das Rad als Alternative.

Auch hier gilt: auf Nuancen achten, und genau darauf, was geschrieben wird. Natürlich ist das Verkehrsmittel Fahrrad (etwa gegenüber dem Auto) gut für Umwelt- und Klimaschutz. Eine einzelne Radfahrt an sich dagegen nicht, auch zehntausend Radfahrten nicht. Der Nutzen für Umwelt entsteht dann, wenn dadurch Autofahrten eingespart werden.
Zitat
def


Ich auch. Es scheint beim Railroader so eine Art kognitiver Verzerrung vorzuliegen (so wie bei jedem anderen auch, ohne Frage). Die 99 % der Fälle, in jemand einfach mit seinem Rad in die Bahn steigt, mitfährt und völlig ohne Probleme am Zielbahnhof wieder aussteigt, fallen nicht auf. Aber ein einziger Problemfall bleibt natürlich hängen.

Es geht doch die ganze Zeit hauptsächlich um den Sollzustand: MIV stark reduziert, Fahrradinfra massiv ausgebaut, Aufteilung der Autofahrten auf ÖPNV und Rad. Folge : ÖPNV muss auch angepasst werden, Takte verdichtet etc. Hier die Problematik der Personalgewinnung bzw die Frage, ob der ÖPNV den Fahrgastzuwachs Plus Radzuwachs in der HVZ stemmen kann. Es gab ja bereits ne Sperrstunde für Räder, in Hamburg gibt es die glaube immernoch. Und ich finde, zurecht.

Hier gehen nun die Meinungen auseinander.
@def:

Nochmal etwas zur Wahrnehmung:

Ich bin bis vor etwa einem Jahr über den Zeitraum von 1,5 Jahren nahezu täglich mehrmals mit dem Rad gefahren. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass das wieder ganz schön nachgelassen hat. In diesen 1,5 Jahren bin ich nicht einmal in eine gefährliche Situation gekommen oder wurde beschimpft. Ich bin aber, wo möglich, auch immer auf dem Radweg gefahren.

Aufgefallen sind mir häufig zugeparkte Radwege und eine teils sehr schlechte Fahrradinfrastruktur. Und leider eben auch sehr viele Radfahrende, die sich nicht an die Verkehrsregeln halten und sich damit selbst in Gefahr begeben. Ich frage mich also, woran es liegt, dass meine eigenen Erfahrungen so von denjenigen abweichen, die regelmäßig von Beinaheunfällen berichten. Ich war auch überall in Berlin unterwegs.
Guten Abend,

das Thema Fahrrad plus ÖPNV ist extrem wichtig, weil es wie oben schon mehrfach angeklungen Umsteigezwänge und viel Zeit spart.

Mein Beispiel:
Meine Frau und ich wohnten in Moabit. Eltern und Schwiegereltern in Waidmannslust bzw. Glienicke. Ohne Fahrrad (Laufen, Ringbahn, S1, Laufen oder laufen U9,U8, Bus oder Bus, S1, laufen), nach Glienicke noch längere Wege ab Hermsdorf, lange Taktzeiten usw.

Mit Fahrrad:
Fahrrad nach Humboldthain, S1 nach Waidmannslust oder Hermsdorf und wieder Fahrrad --> perfekt, schnell und flexibel.

(nach dem Studentenleben wurde dies leider teuer und das Auto, beruflich angeschafft, zu einer Alternative, zumindest am Wochenende, da der Verkehr ruhiger war, ich verstehe bis heute nicht, warum man das Fahrrad am Wochenende nicht kostenlos mitnehmen darf. Die Bahnen sind nicht übervoll und Rad/ÖPNV ein gute Alternative zum Auto).
Zitat
Reißwolf
[...]
(nach dem Studentenleben wurde dies leider teuer und das Auto, beruflich angeschafft, zu einer Alternative, zumindest am Wochenende, da der Verkehr ruhiger war, ich verstehe bis heute nicht, warum man das Fahrrad am Wochenende nicht kostenlos mitnehmen darf. Die Bahnen sind nicht übervoll und Rad/ÖPNV ein gute Alternative zum Auto).

Die Antwort auf diese Frage ist ziemlich einfach: Skaleneffekte

Bereits heute, wo es nicht kostenlos ist, schwappen die Züge bei gutem Wetter vor mitgenommenen Rädern über. Vom RE3 und RE5 gibt es da regelmäßig herzzerreißende Zeitungsberichte über Familien, die über Stunden nicht mehr mitgekommen sind und sich dann irgendwie entnervt nach Bernau oder Oranienburg "gerettet" haben, um die S-Bahn zu nutzen. In der S-Bahn ist es aber teilweise auch heftig, was da z.B. auf der S3-Ost an Rädern in den Zügen ist.

Wäre die Radmitnahme nun am Wochenende kostenfrei, würden sich noch deutlich mehr Menschen dazu entscheiden das Rad mitzunehmen, womit die Überlastung noch stärker zunähme.

Soweit mir bekannt, gibt es aber zumindest Überlegungen, dass Abo-Kunden anstatt einer 2. Person auch ein Rad mitnehmen könnten. Spruchreif ist da aber noch nichts.

Ansonsten noch eine Anekdote am Rande: Vor Jahren hatte ich auch mal das Rad genutzt, um den Weg zwischen Betriebshof Schöneiche und S3 zu überbrücken, statt auf die nächste Straßenbahn warten zu müssen. Passend hatte ich mich auf einem Klappsitz im Mehrzweckabteil platziert und das Rad vor mir an den Stangen platziert und festgehalten. Und dann kamen Köpenick ein paar Rest-Unioner und Wuhlheide war der Bahnsteig nach Konzertende voll. Der Vollzug dann auch. Bis Ostkreuz war das keine angenehme Fahrt, zumal alkoholisierte Mitreisende irgendwann die Fahrradklingel für sich entdeckten.
Will sagen: Zur Radmitnahme kann es keine Pauschalfestlegungen geben, da Überfüllungen jederzeit auftreten können. Gemäß Beförderungsbedingungen hätte ich natürlich Wuhlheide aussteigen müssen. Realistisch wäre das kaum möglich gewesen, da ich dafür rechtzeitig die drohende Überfüllung erkennen, aufstehen und zur Tür gehen und mich entgegen den einströmenden Massen hätte bewegen müssen.

Ähnliches erlebte ich auch auf dem Weg von der TU heimwärts. Ein Fahrgast stieg mit Rad ein, als noch ausreichend Platz war. Anschließend wurde der Zug aber über die nächsten Halte randvoll und als der Rad-Fahrgast dann ausstieg, wurde er beschimpft, als er versuchte durch zu kommen.

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Ich hänge jetzt einfach mal an einen def-Beitrag an, da ich den eigentlichen Beitrag nicht mehr finde:

Die Aussage, man müsse nur Infrastruktur schaffen und dann würde sich das Radfahren von selbst disziplinieren, sehe ich so überhaupt nicht. Auch da, wo es sichere oder sogar richtig gut Infrastruktur gibt, wird trotzdem in nennenswerter Anzahl auf dem Gehweg geradelt. Insofern finde ich die Kritik von Fuss e.V. oder Wiesecke/IGEB im Ansatz durchaus berechtigt, auch wenn sie manches mal (teils deutlich) über das Ziel hinaus schießt. Viele Radfahrer legen gegenüber Fußgängern und Ein-/Aussteigern ein ähnliches "@#$%&-Verhalten" an den Tag, wie dies Autofahrende gegenüber Radfahrern UND Fußgängern ausüben. Fußgänger auf Radwegen (z.B. an Haltestellen, wenn kein Fahrzeug hält) sind andersrum ein Ärgernis für Rad Fahrende.

Das Ganze auf "Auto böse & Rad gut" zu reduzieren, ist dann doch etwas zu einfach. Ja, im Umweltverbund sitzen wir weitgehend im selben Boot, aber trotzdem haben wir auch Konflikte untereinander und die kommen nicht nur von der autozentrierten Infrastruktur.

Bestes Beispiel ist der Haltestellenkonflikt, den ich für schlichtweg unlösbar halte. Meine Vorzugsvariante ist es, den Radweg vorn über das Kap zu führen, weil dort klare Sichtverhältnisse vorliegen und das Regelwerk eigentlich eindeutig ist. Ein Teil der Radlobby präferiert aber das "hinten rum", was dazu führt, dass der Radweg plötzlich zum Raumteiler zwischen Gehweg und Haltestellenbereich wird. Durch Haltestelleneinbauten wie Wartehäuschen und Werbetafeln entstehen "tote Winkel". Aber auch das Konfliktthema selbst wird verlagert. Vorne am Kap tauchen Fahrgäste (theoretisch) nur beim Fahrgastwechsel auf, praktisch aber auch jene, die die Straße queren oder die Leute, die einfach so auf dem Radweg stehen. Hintenrum queren dagegen jederzeit Fußgänger auf dem Weg zur Haltestelle (und davon weg). Gitterorgien, wie in Karlshorst, schränken Fußgänger ein, sind also aus Sicht der Fußgängervertretung abzulehmen.

Ähnlich kritisch sehe ich das viel diskutierte Thema "Schutzkreuzung". Denn die dabei verzogene Radführung sorgt dafür, dass Fußgänger plötzlich deutlich mehr Fahrbahnen zu queren haben - zusätzlich nämlich die Radfurten, die nun nicht mehr im Fahrbahnbereich liegen, sondern abgesetzt. Auch auf der umgebauten Karl-Marx-Allee quere ich als Fußgänger nun 4 Fahrbahnen, nämlich zunächst den ersten Radweg, dann die ersten zwei Fahrstreifen und hinter der Mittelinsel dann umgedreht. Und wenn ich dann drüben angekommen bin, ist mir in einem Fall auch schon ein Gehwegradler beinahe über die Füße gekachelt - direkt neben dem 4 Meter breiten geschützten Radweg.

Aber ja, der "Hauptfeind" ist auch für Fußgänger das Auto. Und um das abzurunden: Die letzten zwei Tage querte ich die Lichtenberger Straße am neuen Zebrastreifen Höhe Singerstraße. Beide Male wurde mir der Vorrang genommen. Gestern, weil es sich so schön im "Windschatten" hinterherfährt und heute von einem nicht blinkenden linksabbiegenden Lieferdienst-Transporterfahrer, der statt anzuhalten, lieber "Entschuldigung" durch das offene Fahrerfenster rief. Und angesichts dieser Dreistigkeit schlage ich jetzt keinen Bogen zu "Asphalt-Franzi", die uns gern unter die Erde bringen würde. Per U-Bahn. ;p

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@ Jay: viele Radfahrer nutzen auch die Straße trotz Radweg. Können sie auch, frage mich nur warum, wenn der Radweg intakt ist.
Zitat
Railroader
@ Jay: viele Radfahrer nutzen auch die Straße trotz Radweg. Können sie auch, frage mich nur warum, wenn der Radweg intakt ist.

Also ich für mich mache das z.B.

1. wenn der Radweg doch nicht so in Ordnung ist (die Vorstellungen was in Ordnung ist schwanken da ja gewaltig, gerade Autofahrer sehen das auch ganz anders, vor allem wenn sie noch nie mit dem Fahrrad auf dem Weg gefahren sind)
2. wenn ich langsamere Radler sehe und ich sie dann überholen möchte
3. wenn Fußgängergruppen den Radweg belagern
4. wenn Polizeiwagen oder Lieferfahrzeuge den Radweg blockieren oder den Fußweg daneben und dann Fußgänger nur über den Radweg ausweichen können
5. zum Einordnen beim Linksabbiegen
6. wenn ich schnell fahren möchte.
7. wenn der Radweg beispielsweise durch rechts parkende Querparker teilweise zugestellt ist, da die Autos heute länger sind als zum Zeitpunkt der Anlage des Weges (Kreuzbergstr.)
8. wenn die Auffahrten zum Radweg zugeparkt sind
9. wenn ich Autoverkehr auf dem Radweg sehe (gibts auch, ehrlich!)

2. und 6. werden übrigens garantiert nur ausgeführt wenn der Radweg nicht benutzungspflichtig ist, bei 1. ist mir nichtmal ein Fall bekannt wo ein derartiger Radweg benutzungspflichtig wäre.

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 28.09.2021 22:03 von Nemo.
Zitat
Railroader
@ Jay: viele Radfahrer nutzen auch die Straße trotz Radweg. Können sie auch, frage mich nur warum, wenn der Radweg intakt ist.

Nun, zuallererst gehören Fahrzeuge auf die Fahrbahn. Fahrräder zählen als Fahrzeuge. Und nun sind wir an der Stelle, die def so gerne vorbringt: Die Ausrichtung der Infrastruktur auf das Auto. Um dem Auto Platz zu schaffen, wurden Radwege 'erfunden' - natürlich aus Sorge um die Sicherheit der Rad Fahrenden. Mancherorts ist eine Benutzungspflicht angeordnet und nur in diesen Fällen ist die Nutzung der Fahrbahn unzulässig, sofern die Nutzungspflicht nicht illegal angeordnet ist.

Den "Radweg" auf der Petersburger Straße hinter Landsberger Allee Richtung Frankfurter Tor nutzte ich genau 1x, denn der wurde plötzlich zum handtuchbreiten Absatz zwischen Bordstein und Diagonalparkern, sprich schlichtweg lebensgefährlich. Seitdem wechselte ich dort grundsätzlich auf die Fahrbahn (bei 3 Fahrstreifen) und zwischenzeitlich gibt es dort dankenswerterweise einen Popup-Radweg. Insofern hat sich da mal die Infrastruktur meiner Verhaltensweise angepasst. ;)

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Zitat
Giebelsee
Was ist eigentlich mit dem "geringen" Anteil der etwas Älteren und noch ein wenig bis zur Rente haben, die doch nicht mehr ganz so fit sind und ca. 25 km bis zum Job haben?
Gruß Giebelsee

Pedelec + ÖPNV

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Ich hab nen Bus und meine Busfahrerin heißt Layla, sie fährt schöner, schneller, weiter.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 28.09.2021 22:15 von Bumsi.
Zitat
Jay
Ich hänge jetzt einfach mal an einen def-Beitrag an, da ich den eigentlichen Beitrag nicht mehr finde:

Die Aussage, man müsse nur Infrastruktur schaffen und dann würde sich das Radfahren von selbst disziplinieren, sehe ich so überhaupt nicht. Auch da, wo es sichere oder sogar richtig gut Infrastruktur gibt, wird trotzdem in nennenswerter Anzahl auf dem Gehweg geradelt.

Das hat aber m.E. auch niemand gesagt, oder? (Also zumindest nicht in diesem Diskussionsfaden, sicher wird das schon mal jemand behauptet haben.) Ich vertrete da ironischerweise eine ähnliche Meinung wie neulich bei den Drogendealern: man muss Menschen die Gelegenheit geben, legal zu handeln (im Falle der Radfahrenden: sich sicher durch die Stadt bewegen zu können), und dann kann und muss man auch mit Sanktionen kommen, wenn sich jemand nicht daran hält. Einen vielleicht eher ängstlichen 75-Jährigen Gehwegradler zu bestrafen, weil er sich nicht auf die mit 60 km/h befahrene Hauptstraße traut (oder auf einen Pseudo-Radweg, bei dem einfach die Dooring-Zone zum Radweg erklärt wurde), ist asozial; ihn zu bestrafen, wenn nebenan ein gut ausgebauter, sicherer Radweg ist, notwendig.

Zur Haltestellenfrage: Da bin ich bei Dir - und natürlich müssen auch Radfahrende anhalten, wenn sich ein Fahrzeug nähert, analog zu Autos. Die toten Winkel hinter Haltestellenaufbauten gehen hingegen gar nicht.

Und noch einen allgemeinen Gedanken, nicht konkret an Dich: natürlich sind nicht alle Radfahrenden Engel. Das Problem, dass ich mit dem häufigen Verweis auf StVO-ignorierende Radfahrende habe, ist ein anderes: es kommt oft als Argument, wenn es um den Ausbau der Radinfrastruktur geht, konkret, um dagegen zu argumentieren. Und das ist halt ein ziemlich dämliches Argument. Niemand würde eine neue Autobahn in Frage stellen, weil 90 % der Autofahrenden sich im Alltag nicht an die Geschwindigkeitsbeschränkung halten - die Befürwortenden nicht, weil sie es - zu recht - für völlig irrelevant in dieser Frage hielten, die Gegner/innen nicht, weil es bekanntlich genug seriöse Argumente gegen den Bau neuer Autobahnen gibt.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 28.09.2021 22:54 von def.
Zitat
Nemo
Zitat
Railroader
@ Jay: viele Radfahrer nutzen auch die Straße trotz Radweg. Können sie auch, frage mich nur warum, wenn der Radweg intakt ist.

Also ich für mich mache das z.B.

1. wenn der Radweg doch nicht so in Ordnung ist (die Vorstellungen was in Ordnung ist schwanken da ja gewaltig, gerade Autofahrer sehen das auch ganz anders, vor allem wenn sie noch nie mit dem Fahrrad auf dem Weg gefahren sind)

Ja, ich bin auch immer wieder erstaunt, was bei Nur-Autofahrenden (bzw. Allenfalls-am-1.-Mai-Radelnden) als gute Radinfrastruktur gilt. Im Grunde gibt es eine ganz einfache Frage, um die Qualität eines Radwegs einzuschätzen (und die oft tatsächlich zu nachdenklichen Blicken bei Leuten führt, die eben noch von der herausragenden Qualität des Radwegs überzeugt waren): "Würdest Du Dein 11-jähriges Kind auf diesem Radweg mit gutem Gewissen zur Schule radeln lassen?". Wenn man die Frage nicht ohne zu überlegen mit "Ja" beantwortet, ist es kein guter Radweg.

Apropos, der Umstand, dass Kinder bis 8 auf dem Bürgersteig fahren müssen und es bis 10 dürfen, ist doch ein zweifacher Hinsicht ein gutes Beispiel:

- Einmal dafür, aus wessen Sicht nicht nur der Stadtraum, sondern auch die StVO geschrieben ist (warum muss man Kinder eigentlich vor erwachsenen Menschen schützen, nur weil letztere in einem Auto sitzen?),

- und dafür, wie, um das Auto zu bevorzugen, Konflikte zwischen Fußgänger/innen und Radfahrenden geschürt werden.



4 mal bearbeitet. Zuletzt am 28.09.2021 23:08 von def.
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